Dysgnathie-Chirurgie |
Unter Dysgnathie versteht man einen Fehlbiß, der durch Fehlstellung der Kiefer -nicht allein der Zähne- zueinander verursacht wird. Diese Fehlstellung ist in den meisten Fällen genetisch bedingt und kann auch vererbt werden. Das berühmteste Beispiel hierfür sind die Habsburger, die ihren stark vorspringenden Unterkiefer (Progenie) von Generation zu Generation weitervererbt haben. Auch ein Knochenbruch, der in Fehlstellung verheilt ist, kann eine Dysgnathie verursachen. Da grundsätzlich nicht nur die Knochen sondern auch die Zähne von einer Dysgnathie betroffen sind, kann die Therapie nie vom Chirurgen allein durchgeführt werden. Eine sehr enge Zusammenarbeit von Kieferorthopäde, Zahnarzt und Mund-Kiefer-Gesichtschirurg ist für eine erfolgreiche Gesamttherapie unabdingbar ! Eine Dysgnathie ist trotz genetischer Veranlagung nicht angeboren, sondern entwickelt sich mit dem Wachstum der Kiefer. Es kann bei Heranwachsenden zwar oft schon eine Tendenz beobachtet werden, die volle Ausprägung wird aber erst mit Abschluß des Wachstums erreicht. Die chirurgische Verlagerung der Kiefer in die richtige Position erfolgt daher grundsätzlich erst am ausgewachsenen Patienten. Wesentlich früher -oft schon im Gebißwechsel- kann jedoch der Kieferorthopäde eingreifen und eine starke Abweichung der Zähne von der korrekten Stellung verhindern oder beheben. Die Korrektur eines Fehlbisses ist zur Vermeidung irreparabler Schäden unbedingt notwendig. Einerseits werden die Zähne falsch belastet, was zu einem frühzeitigen Verlust führen kann, andererseits sind auch die Kiefergelenke fehl- und überbelastet. Dies führt zum vorzeitigen Verschleiß (Arthrose) mit oft massiven Schmerzen, die kaum noch zu beheben sind. Bei der operativen Korrektur einer Dysgnathie halten sich daher die Therapie der Fehlstellung und die Vorbeugung in etwa die Waage. Ein typischer Behandlungsablauf sieht in etwa wie folgt aus: Nach evtl. notwendiger zahnärztlicher Vorbehandlung ( Füllungen, Parodontose etc.) beginnt der Kieferorthopäde mit der Ausformung der Zahnbögen. Das heißt, die Zähne werden pro Kiefer in eine möglichst ideale Stellung gebracht, auch wenn der Biß dann zunächst auf Grund der Fehlstellung nicht mehr passt. Diese Phase dauert je nach Vorbefund 1/2 - 1 Jahr und wird mit festsitzenden Klammern (Brackets) durchgeführt. Nach einer erneuten gemeinsamen Analyse wird dann die Operation geplant. Es werden Kiefermodelle und diverse Meßröntgenaufnahmen angefertigt, die Operation wird zunächst in einem künstlichen Kiefergelenk simuliert und ggfs. noch variiert. Erst anschließend wird das Ergebnis der Simulation auf den Patienten übertragen. So entsteht für den Patienten die größtmögliche Sicherheit, dass durch die Operation eine optimale Stellung der Kiefer erreicht wird. Die gesamte Operation zur Lösung und Wiederbefestigung der Kiefer findet durch die Mundhöhle statt, es entstehen also keine sichtbaren Narben. Die Befestigung der Kiefer in der neuen Position geschieht mit Hilfe von Osteosyntheseplatten und -schrauben (s. Traumatologie). Eine Verschnürung des Ober-und Unterkiefers für einige Wochen ist dadurch nicht mehr notwendig. Nach ca 6 Wochen sind die Kiefer wieder so stabil, dass vorsichtig gekaut werden kann. In der ersten Zeit ist nur ganz weiche Kost erlaubt, damit sich nichts verschiebt. Unmittelbar nach der Operation behandelt auch der Kieferorthopäde weiter und nimmt die sog. Feineinstellung vor. Jetzt werden die Zähne in die optimale Endposition gebracht, damit Ober- und Unterkieferzähne möglichst perfekt zusammenbeißen. Diese Phase nimmt nochmals ca. 1/2 Jahr in Anspruch. Anschließend erfolgt die Entbänderung, d.h. die festen Klammern werden entfernt, ebenfalls werden in einem kurzen Eingriff die Osteosyntheseplatten entfernt. Erst ganz zum Schluß fertigt der Zahnarzt --wenn nötig-- Kronen oder Brücken an, da erst jetzt eine Abstimmung mit dem Gegenbiß möglich ist, nachdem alle Zähne an ihrem endgültigen Platz stehen. Die Gesamtbehandlung nimmt somit 2-3 Jahre in Anspruch ! |